Historie der Abteilung:
- ein Rückblick in die Historie unserer Abteilung -
In seinen Anfängen vor mehr als 125 Jahren war er eine Domäne der Männer eines Dörfchens vor den Toren Berlins, heute ist er mit mehr als 4.600 Mitgliedern einer der größten Berliner Sportvereine: der Turn- und Sportverein Rudow 1888 e.V. – einst gegründet als Männer-Turnverein Jahn Rudow.
Leichtathletik wurde im TSV eigentlich schon fast immer betrieben, sind doch Laufen, Springen und Werfen Übungen, die aus der Tradition der Turnbewegung des 19. Jahrhunderts stammen. So gab es schon weit vor dem zweiten Weltkrieg und auch danach erfolgreiche Leichtathletik-Aktivitäten im TSV:
In der Chronik zum 100 jährigen Jubiläum zeigt der Plan eines Sport- und Festplatzes um 1900 bereits eine 100-m-Bahn und eine Kugelstoßanlage. Auch auf dem Bild vom Gauturnfest 1907 ist ein Kugelstoßer in Aktion zu sehen. 1923 wurde der Bau des Sportplatzes Stubenrauchstraße (Ecke Neuköllner Straße) in Angriff genommen und im Sommer 1924 abgeschlossen, was im Verein neue Impulse für die Leichtathletik auslöste.
Dr. Werner König (geb. 1906), der zeitweise (lt. „Sport-Illustrierte“) als „Deutschlands Hoffnung im Weitsprung für Olympia“ galt und riesige Erfolge im Kurzsprint hatte, war Knabenturnwart im TV Jahn Rudow, startete zwar offiziell für den Akademischen Turnverein zu Berlin vertrat aber bei vielen Wettkämpfen auch die Farben „seines“ Jahn-Rudow. Er war nicht nur der herausragende Leichtathlet dieser Jahre im Verein. Als mehrmaliger Berliner und Brandenburgischer Meister war er mit einer Bestzeit von 10,6 Sek. über 100 m (damals stand der Weltrekord noch bei 10,3 Sek.!) leuchtendes Vorbild der Rudower Jugend. Sportlicher Höhepunkt seiner kurzen Laufbahn (er verstarb 1936 viel zu früh) war 1928 der Sieg im 100-m-Lauf bei der Studenten-Weltmeisterschaft in Turin. Mit drei Rudower Kameraden gewann er 1930 bei der Eröffnung der Kampfbahn im Sportpark Neukölln (jetzt Stadion Neukölln an der Oderstraße) die 4 x 100-m-Staffel in ausgezeichneten 41,8 Sekunden. Dies war Ausdruck der immer zahlreicher werdenden leichtathletischen Erfolge bei den Turnfesten jener Zeit.
In den folgenden Jahren, über denen auch dunkle Schatten lagen, verzeichnet der Chronist lediglich, dass zum Herbstsportfest im September 1935 mehr als 200 Teilnehmer in den verschiedensten (damals noch üblichen) leichtathletischen Wettkämpfen an den Start gingen – eine beachtliche Resonanz! Dreikampf, Sechskampf, Weitsprung, Kugelstoßen, Stabhochsprung (damals noch nicht mit GFK-Fiberglasstäben sondern mit Bambusstangen!), Speerwurf, Dreisprung, Hochsprung und Schleuderball waren damals die Disziplinen, die bestritten wurden.
Nach dem zweiten Weltkrieg, der auch in den Reihen der Rudower Leichtathleten große Lücken hinterließ, gab es aufgrund der Vorgaben der Besatzungsmächte zunächst keine Sportvereine. Dennoch wurde auch zu dieser Zeit in Rudow Sport in der „Sportgruppe Rudow“ getrieben. Leichtathletik war da noch nicht dabei. Erst 1947 als ein Antrag auf Genehmigung der Gründung des „Turn- und Sportvereines Rudow“ gestellt wurde, kam auch die Leichtathletik wieder hinzu. 1948 gab es zwar immer noch keinen Verein (der durfte erst ab 1. April 1949 diesen Namen führen) aber bereits eine Vereinsmeisterschaft, damals aber noch innerhalb der Turn-Abteilung. Dies blieb auch noch viele Jahre so. 1950 wurde der TSV (die Turn-Abteilung) als Mitglied in den BLV aufgenommen.
1952 nahm Günther Dohrow über 1.500 m an den Olympischen Spielen in Helsinki teil. Er startete (während er gleichzeitig beim TSV Handball spielte – heute völlig unvorstellbar!) nur deswegen für den SCC, weil in Rudow ein gezieltes Leichtathletiktraining zu dieser Zeit nicht möglich war.
Über die leichtathletischen Aktivitäten der nächsten Jahre in Rudow, die zweifellos immer gab, geben die Chroniken keine Auskunft. Erst 1972, nachdem vorher insbesondere die verschiedenen Turngruppen in eigenständige Abteilungen übergeführt worden waren und im Gegensatz zu früheren Zeiten in keiner dieser Abteilungen Leichtathletik einen wirklichen Schwerpunkt mehr bildete, entschlossen sich zunächst unter der kommissarischen Führung von Monika und Helmut Schmidt, die noch immer die Geschicke der Rudower Leichtathleten entscheidend mitbestimmen, einige Unentwegte im TSV auch eine Leichtathletik-Abteilung gründen zu wollen. Einer der Mentoren war dabei Werner Roth, der den Leichtathleten bis zu seinem Tode … eng verbunden war. Aus der bei der „echten“ Gründung am 21. Mai 1973 zunächst recht kleinen Schar wuchs die Abteilung kontinuierlich. Schon seit einigen Jahren pendelt die Zahl der Mitglieder nun – mal mit der Tendenz nach oben mal nach unten – um die 200.
Nach Gründung der Abteilung repräsentierten verschiedene Rudower „Leichtis“ nicht nur als Athleten die Farben des TSV bei verschiedenen Gelegenheiten. So wirkte Heinz Sadowski 1972 als Leichtathletik-Kampfrichter bei den Olympischen Spielen in München mit. Leider verließ er uns – 2003 noch für 50jährige Mitgliedschaft im TSV geehrt – Anfang 2004 für immer.
Seit 1975 trägt Horst Zadow – damals noch stellvertretender Abteilungsleiter neben dem seit Gründung der LA amtierenden Peter Kupke, jetzt schon seit 1980 Abteilungsleiter – Verantwortung in der Leichtathletik-Abteilung. Die auch unter seiner Führung kontinuierliche Arbeit insbesondere in der Jugendarbeit bringt nun ihre ersten größeren Erfolge: Berliner Titel für Birgit Schmidt (Crosslauf weibl. Jgd. B) und Markus Scheermann (50 m – Halle – Schüler A).
1982 erreicht der langjährige ehemalige Abteilungsleiter Peter Kupke als erster von sechs Rudower Teilnehmern das Ziel des 1. Internationalen Olympia City Marathons in München. Berliner Titel gab es in diesem Jahr für Claudia Grützmacher, Petra Jende und Rabea Mohr (3 x 800 m, Schülerinnen C) und Uwe König (1.500 m).
Neben den Erfolgen von Einzelkönnern im TSV Rudow spielt immer auch der Gemeinschaftsgedanke eine große Rolle. Dies belegen immer wieder die Erfolge bei den Mannschaftswettbewerben: 1984 konnten bereits 180 Leichtathleten in 15 Mannschaften an DMM in den verschiedenen Altersklassen teilnehmen und damit mit 202.459 Punkten den 11. Platz aller in der Bundesrepublik gewerteten Vereine belegen. Dies wurde in den Folgejahren noch gesteigert: 1986 durch die Berliner Hallen-, Berliner und Deutsche Mannschaftsmeisterschaft im Vierkampf der Schüler A (Carsten Oppelt, Christian Nitzky, Christian Vymetal, Marcus Jung und Norman Grüber) sowie der 2. Platz in der Mannschaftswertung der DJMM und 1987 durch den 1. Platz in den DJMM-/DSMM-Runden (262.437 Punkte wurden von [18!] Mannschaften erzielt). Dieser Erfolg konnte 1990 wiederholt werden: 256.735 Punkte von 130 Aktiven in 19 Mannschaften bedeuteten Rang 1 von 569 gewerteten Vereinen.
Dazu kamen 1984 bereits fünf Berliner Einzel-Titel, darunter Annika Melzer im Vierkampf der Schülerinnen B.
Und es folgten viele weitere !
Daneben gab es zahlreiche gute Platzierungen (z.B. jede Menge Vize-Meistertitel und Bronzemedaillen), die Aktive des TSV nun schon über viele Jahre hinweg hinein bis in die jüngste Zeit errungen haben; als herausragendes Beispiel sei hier nur der 4. Platz von Helmut Fechner (AK M70) im Zehnkampf bei den Senioren-Weltmeisterschaften 2003 in Puerto Rico genannt.
Offenbar beflügelt durch das gute Verhältnis der jungen Aktiven untereinander übernehmen diese – ohne von den „Altvorderen“ dazu gedrängt zu werden - zunehmend aus eigenem Antrieb Verantwortung und schließen so Lücken, die ältere Trainer, Übungsleiter, Betreuer und andere Funktionsträger hinterlassen. Da bleibt nur zu wünschen, dass dieser Trend nicht abreißen möge.
P. S. Als ich die erste Version dieser Zeilen Anfang 2004 verfasst habe, wusste ich noch nicht, wie bald uns unserer langjähriger Schüler- und Jugendtrainer Clemens Zadow für immer verlassen würde. Am 19.03.2004 hat er seinen letzten Wettkampf verloren.
Daten und Fakten habe ich aus der Broschüre zum 100jährigen Vereinsjubiläum und den „SPORTSPIEGEL“-Ausgaben der letzten Jahre zusammengetragen. Wer mir Informationen liefern kann, die eine Korrektur/Ergänzung der Ausführungen ermöglichen/notwendig erscheinen lassen, der möge sich bitte an mich wenden. Jürgen Wickert